Blutes Zorn
Eine Kriminalgeschichte aus Tübingen und einem ins Vergessen geschossenen
Landstrich
Independently published
Amazon KDP, 2022
Ein richtiger Mann hatte nach Emmerich Kobels Meinung ein Kavalier zu
sein und musste immer die Tür im Blick haben, er musste sofort reagieren
und seine Lieben beschützen können, falls dort die Gefahr eintrat …
Doch als sie eintrat, kam sie nicht durch die Tür.
Die Rundbogenfenster barsten. Zwei schwere Pflastersteine flogen
herein. Einer streifte Emmerich von hinten am Kopf. Der Mann fuhr herum.
Der Stein landete auf dem ganz in Weiß gedeckten Tisch. Weiße
Blumenvasen mit weißen Tulpen, silberne Silberkerzenständer
mit weißen Kerzen fielen ineinander, krachten auf Teller, auf Platten,
in Schalen. Schreiend sprangen die Essenden auf. Eine Frau kreischte schrill.
Fiel mit dem Suhl nach hinten. Riss das Tischtuch mit sich. Silberbesteck
klirrte, Geschirr schepperte. Wasser- und Weinkaraffen kippten. Kristallgläser
fielen. Blutroter Bordeaux spritzte durchs Zimmer, auf weiße Möbel,
den kremweißen Berberteppich, an die eierschalweißen Wände,
die aufwändig gerahmten Stillleben mit den Darstellungen von Esswaren
und Küchengerät, bevorzugt in Kombination mit toten Tieren.
Bevor die Anwesenden noch richtig begreifen konnten, was hier
vor sich ging und was das zu bedeuten hatte, sprangen zwei Maskierte in
schwarzen Overalls herein, rannten durchs Zimmer und feuerten ihre Kalaschnikows
ab.
Und so schnell, wie sie gekommen waren, waren sie auch wieder
weg.
Diesmal ordentlich und durch die Tür.