Der kalte Trick
Eine Kriminalgeschichte aus Tübingen
SP-Verlag, Albstadt, 2007
ISBN 978-3-9811017-8-2
Sie würde ihn früher oder später – spätestens
in Deutschland – sowieso sehen, sehen müssen, dachte er, also
konnte er es auch gleich hinter sich bringen.
Sie war in ein Buch
vertieft. Er blieb hinter ihr stehen und versuchte herauszufinden, was
sie las. Irish Murders stand auf
der Kopfzeile. Natürlich. Mord ... Waffenhandel ... Zum
zweiten Mal innerhalb von zwanzig Minuten fragte er sich, ob
er eine gute Entscheidung getroffen hatte.
Offenbar hatte er ihr
Haar berührt, denn sie beugte sich
leicht vor, bevor sie aufsah. Ihre großen dunklen Augen
wurden vor Entsetzen noch dunkler und noch größer. "John?" hauchte
sie ungläubig.
"Ein Gespenst – es sieht nur so aus wie ich." Er
schluckte.
"John?"
"Es scheint eher, ich sehe aus wie ein Gespenst." Sein
Lächeln mißlang.
"John."
"Versuchst du gerade, meinen Namen auswendig zu lernen?" fragte
er freundlich.
Melanie Weitenbacher schloss den Mund und schluckte.
"Was
machst du hier, John?"
"Ich fliege."
"Ach, tatsächlich?
Nach Deutschland?"
"Oh, äh, ehrlich gesagt, und wenn du schon so direkt
fragst – ich würde gerne vorher aussteigen, wenn es
möglich ist."