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Geheime Rache
Eine Kriminalgeschichte aus Tübingen und Venedig
Oertel & Spörer, 2015

Wolgrath drückte Almas Arm, dass es schmerzte. "Komm!" Er zog sie fast vom Stuhl. "Es ist etwas passiert. Etwas Schreckliches."
Er nickte der Dame noch einmal entschuldigend zu und führte Alma zum Aufzug. Die Dame starrte ihnen mit offenem Mund hinterher.
"Was ist denn? Du tust mir weh, verdammt!" Sie wand sich in seinem Griff. Aber Wolgrath ließ sie nicht los. Mit der einen Hand umklammerte er Almas Arm, mit der anderen sein Handy, als wollte er so den freien Fall ins Grauen verhindern. Er war immer noch so bleich, dass er im gelblichen Licht des Aufzugs aussah wie der Tod persönlich.
"Niels! Niels, was ist denn?" stammelte sie.
Wortlos führte er sie ins Zimmer, schloß ab und schob sie ins Badezimmer, das er auch abschloß. Er drückte Alma auf die Kante der Badewanne, drehte den Wasserhahn auf und setzte sich ihr gegenüber auf den Rand des Bidets.
Alma starrte ihn voller Unverständnis an. Ihr war eiskalt, sie fing an zu zittern. So hatte er damals ausgesehen, als er ins Da Capo gekommen war und ihr mitgeteilt hatte, wer das Kind umgebracht hatte.
Er legte das Handy in seinen Schoß. Er hatte es so umklammert, daß seine Knöchel immer noch weiß waren. Mit zitterndem Finger deutete er auf das kleine, schwarze Gerät.
"Weißt du, wer gerade angerufen hat?" Seine Stimme war erstickt.
"Nein, aber vielleicht sagst du mir ja endlich mal, was überhaupt ...!" schrie Alma.
Wolgraths Hand fuhr wie der Blitz zu ihrem Mund und hielt ihn zu.
"Pst! Nimm dich zusammen. Hier haben die Wände Ohren!" Er drehte noch mehr Wasserhähne auf, daß es im Badezimmer rauschte und toste wie unter einem Wasserfall.