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Jähe Stille
Eine Kriminalgeschichte aus Tübingen und der anderen ewigen Stadt
Independently published
Amazon KDP, 2021

Adventliche Cena

Nach vielerlei Antipasti – die Tische bogen sich fast unter Räucherfischen und anderem Meeresgetier, eingelegtem, gefülltem und gebratenem Gemüse, bunten Salaten, allerlei Schinken und Salami, angemachtem Käse und salzigem Gebäck – und der winterlich-kräftigen Brotsuppe pancotto stand nun auf jedem Tisch zwischen den beiden Flaschen mit Rot- und Weißwein eine riesige Schüssel mit spaghetti al pepe e cacio, wie der Pecorino romano, der würzige, salzige, hellgelbe Hartkäse aus Schafsrohmilch auch genannt wurde.
Wolgrath sah den Kommissar an, Mehrfeldt stimmte zu und goss Rotwein in bauchige Gläser, denn Camillo trug unter lautem Applaus das Hauptgericht auf, brasato di lingua di vitello. Kalbszunge, in Rotwein geschmort, mit Maronen und gebratenen Salzkartoffeln.
"Che meraviglie! Du bist der Beste, Camillo, der Tollste und … sowieso der Größte!", sagte Wolgrath zu dem kleingewachsenen Süditaliener, der sich lachend mit einem "Untertreib mal nicht so schamlos!" entfernte.

Als dann auch noch das Dessert in Form von Suppenschüsseln als gigantischen Eisbechern kam, aus denen die Gäste tischweise mit überlangen Löffeln aßen, alles verstärkt durch den unvermeidlichen und in diesem Fall ganz ausnahmsweise nicht hausgebackenen panettone, lief die Sache in puncto Lautstärke und Verworrenheit fast aus dem Ruder. Alle redeten durcheinander, und kaum setzte der eine zur ersten Silbe an, fiel ihm der andere auch schon wieder ins Wort, als sei das Ganze ein Wettlauf um die beste – oder dümmste – Idee.