Grenzüberschreitungen im sozialarbeiterischen Alltag
12 Gedanken- und Handlungsverdichtungen
Begibt man sich erst einmal mit den besten Vorsätzen, aus
freiem Willen und eigenem Entschluß in die Niederungen
der Sozialarbeit, hat die Talfahrt schon längst begonnen.
Man erreicht schnell deren oft sumpfigen, oft sandigen, nie aber
festen Grund. Dort angelangt, teilt man den Platz mit Kollegen – die
allesamt ein tadelloses Leben im bescheidenen und mittelmäßig
eingerichteten Familienglück führen, meist und schlimmstenfalls
aber in langjährigen mehr oder weniger harmonischen Beziehungen
leben, umhüllt vom Kokon sozialer Sicherheit und sicherer
sozialer Einstellungen – und einem Klientel, das zum Großteil
irgendwann das gleiche tun wird, und man fragt sich: Kann man
denn noch tiefer sinken.
Ja. Man kann anfangen, in einem Jugendhaus zu arbeiten.
"Mensch – was?! Du hast studiert? Und arbeitest hier?
...?
Warum bist du denn nicht Kellnerin geworden oder so was?" (D.,
13 J.)
Der Beruf der Kellnerin ist mindestens genauso schlau und achtbar
wie der des Atomphysikers. Danach kommt lange nichts mehr. Die
Berufe oder Jobs, die die Kids eines Tages ergreifen, sind wahrscheinlich
das vorletzte – Sozi zu sein, ist das letzte. Aber Sozi
im Jugendhaus ist das allerletzte. Danach kann nur noch der Strich
kommen.